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Passivhaus »Wohnen & Arbeiten«Walter-Gropius-Strasse 22 • D-79100 Freiburg • Vox: (0761) 4568330Email: post(at)passivhaus-vauban.de • Web: www.passivhaus-vauban.de |
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Antrag 1 bei der Deutschen Bundes-Umweltstiftung:ökologisches Sanitärkonzept für ein Wohn- und BürogebäudeApril 1997
EinleitungIm Modellstadtteil Vauban in Freiburg hat sich die Baugruppe "Wohnen & Arbeiten" zusammengefunden, um erstmalig ein Passivhaus mit 4 Geschossen und ca. 1.440 m2 Nutzfläche (für ca. 30 Einwohner und gewerbliche Nutzung) zu errichten. Als Passivhaus wird hier ein Haus bezeichnet, welches im Vergleich zu einem konventionellen Neubauvorhaben um mehr als 80% geringere CO2-äquivalente Emissionen aufweist. Es ist vorgesehen, in diesem Haus ein neuartiges, ökologisches Sanitärkonzept zu realisieren. Unter Einhaltung eines strengen Kostenplans soll erreicht werden, daß die Mehrkosten im Vergleich zum Standard weniger als 10% bzw. 150 €/m2 betragen. Mit Einhaltung dieser Zielgröße wird erreicht, daß das Gesamtvorhaben, trotz der heute sehr niedrigen Energiepreise, eine statische Amortisationszeit von weniger als 20 Jahren aufweist. Die genaue energetische Optimierung und Auslegung des Gebäudes ist Bestandteil eines separaten Projektantrags an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt. Wesentliche Aspekte des Modellvorhabens sind die interdiziplinäre Zusammenarbeit sowie die integrale Planung. Erstmalig werden bei einem Bauvorhaben alle energetisch und ökologisch relevanten Bereiche bilanziert und optimiert. Dies sind: Raumwärme, Brauchwasser, elektrische Energie, Abwasser und Abfall. Hierzu ist eine bereichsübergreifende Kooperation von Energieplanern, Ingenieuren, Biologen und ökonomen erforderlich. Die Forschungs- und Planungsarbeiten werden in enger Zusammenarbeit mit den Architekten, dem Haustechnikplaner sowie dem Bauherrn durchgeführt. Durch die in den Projekten vorgesehene wissenschaftliche Begleitung wird eine Begleitung des Projektes in der ersten Nutzungsphase, eine kritische Prüfung der gewonnenen Erkenntnisse und die Voraussetzungen für deren übertragbarkeit sichergestellt. Die großtechnische Demonstration des Konzeptes und die Beteiligung eines Industrieunternehmens an dem beantragten Demonstrationsprojekt gewährleisten außerdem eine direkte Nutzung der erzielten Ergebnisse. Das in dem beantragten Vorhaben zu realisierende Bauvorhaben zeichnet sich durch folgende Punkte aus:
BauprojektBeim vorliegenden Projekt handelt es sich um ein viergeschossiges Mehrfamilienhaus mit insgesamt 15 Wohneinheiten und einer dazugehörigen gewerblichen Nutzfläche. AusgangssituationDie in den Industrieländern heute üblichen Sanitärkonzepte setzen sich zusammen aus Spültoiletten, Schwemmkanalisation und zentraler Kläranlage. Dieses System der linearen Stoffströme erfordert einen hohen Wasserverbrauch. Die Verdünnung mit Wasser, die weitere Vermischung mit Haushaltsabwässern sowie das Abwasser der indirekteinleitenden Gewerbe- und Industriebetriebe verhindern eine getrennte Behandlung der nährstoffreichen Fäkalien und erhöhen stattdessen die enthaltenen Schadstoffmengen. Unter hohem Energieeinsatz wird das stark verdünnte Abwasser in der Kläranlage gereinigt und es entsteht Klärschlamm, der nur in geringem Umfang in die Landwirtschaft zurückgeführt wird und dessen Entsorgung i.d.R. mit hohen Kosten verbunden ist (s. Abb. 1). Abb. 1: Schematische Darstellung der Stoffströme beim traditionellen Sanitärkonzept [1] Die Nachteile des heute üblichen Sanitärkonzeptes sind:
Die heutige Abwasserentsorgung und -behandlung ist eine historisch gewachsene Kette von Problemlösungen. Die obengeschilderten Probleme des hohen Wasserverbrauchs privater Haushalte, des Energieverbrauchs bei der kommunalen Abwasserbehandlung und des Verlusts wertvoller Nährstoffe sind zu einem großen Teil Folge der heutigen Sanitärkonzepte. Im industriellen Bereich wird inzwischen verstärkt auf die Behandlung von Teilströmen und die Rückgewinnung von Wertstoffen gesetzt. Die Anwendung dieser Prinzipien könnte auch im kommunalen Bereich zum Einsatz kommen. Eine nachhaltige Entwicklung erfordert dauerhafte Sanitärkonzepte, welche die menschliche Ernährung in natürliche Kreisläufe integrieren, insbesondere auch in städtischen Gebieten. Ziel eines ökologischen Sanitärkonzeptes muß deshalb der verminderte Einsatz nicht regenerierbarer Ressourcen und eine möglichst weitgehende Nutzung der Stoffe in einem Kreislauf sein. Eine Anreicherung mit nur schwer oder nicht abbaubaren Stoffen ist zu vermieden. Zielsetzung des ProjektesDas Modellvorhaben hat zum Ziel ein neuartiges ökologisches Sanitärkonzept zu realisieren und dessen Funktionsfähigkeit zu demonstrieren. Dieses Konzept baut auf auf einer getrennten Behandlung der Fäkalien und des Urins. Dieser Abwasserteilstrom wird gemeinsam mit Bioabfall in einer Biogasanlage anaerob behandelt. Das anfallende Biogas wird energetisch, der Naßschlamm wird als Flüssigdünger in der Landwirtschaft verwertet. Die Antragsteller sehen in dem hier erstmals vorgeschlagenen Konzept eine zukunftsfähige Lösung für die Behandlung von Fäkalien, Urin und den Bioabfällen. Das Sanitärkonzept fügt sich in idealer Weise in das Gesamtkonzept eines energieeffizienten Passivhauses ein und läßt sich effizient in die Planung der Energieversorgung integrieren. Im Vergleich zum derzeitigen Stand in Forschung und Technik bietet dieses Projekt damit die Chance, erstmalig ein auf den Komponenten Trenntoiletten, Biogasanlage und Gasverwertung aufbauendes Sanitärkonzept für ein Gebäude großtechnisch zu demonstrieren und wissenschaftlich zu begleiten. Während die einzelnen Komponenten zwar bekannt und bereits in größerem Umfang eingesetzt werden (Trenntoiletten v. a. in Schweden), ist die angestrebte Kombination zu einem eigenständigen Gesamtkonzept neuartig und bislang noch nicht erprobt. Beschreibung des ökologischen SanitärkonzeptesDie getrennte Ableitung von Urin und Fäkalien mit Hilfe von Trenntoiletten bzw. Vakuum-Trenntoiletten und deren anaerobe Behandlung in einer Biogasanlage gemeinsam mit dem organischem Hausmüll ist ein neues Konzept, daß hier erstmalig für ein Wohn- und Bürohaus realisiert werden soll. Das Konzept basiert auf einer gesonderten Abführung von Fäkalien und Urin mit Trenntoiletten (Tt). Diese ermöglichen durch geringe Verdünnung eine getrennte anaerobe Behandlung (Energie-Gewinn statt Verlust bei aerober Behandlung) von Fäkalien zusammen mit vorsortierten organischen Haushaltsabfällen und die Erzeugung eines flüssigen Volldüngers. Die Biogasanlage ist abflußlos. Der in ihr gewonnene Flüssigdünger wird in saisonale Speicherbecken beim Landwirt transportiert. Das übrige anfallende Abwasser (Grauwasser) ist relativ leicht zu reinigen, da nur noch geringe Nährstoffmengen enthalten sind (s. Abb. 2). Dazu könnten bspw. naturnahe Abwasserreinigungsverfahren eingesetzt werden [8][9]. Aufgrund der örtlich vorgegebenen Bedingungen ist für das vorgeschlagene Demonstrationsvorhaben die Ableitung des Grauwassers über das konventionelle Kanalnetz vorgesehen. Dadurch ist für die zukünftigen Hausbewohner auch eine Absicherung beim Scheitern des Konzeptes gegeben. Sollte sich entgegen der Erwartung der Antragsteller erweisen, daß das hier vorgeschlagene ökologische Sanitärkonzept auf Grundlage von Trenntoilette und Biogasanlage nicht erfolgreich betrieben werden kann, besteht jederzeit die Möglichkeit, das gesamte Abwasser in die vorhandene konventionelle Kanalisation abzuführen.
Die wesentlichen Komponenten des neuartigen Sanitärkonzeptes sind bereits bekannt und technisch ausgereift. Trenntoiletten kommen bereits in Dänemark und Schweden sowie in der Schweiz zum Einsatz [1]. Sie erlauben es, den Urin beinahe wasserfrei abzuführen. Die Fäkalien können z.B. durch Einsatz von Stopptasten mit relativ wenig Wasser (im Durchschnitt etwa 3 l/Spülgang) abgeführt werden. So läßt sich der durchschnittliche Wasserverbrauch bei Trenntoiletten auf etwa 6 l/Tag begrenzen. Inzwischen werden auch erste Vakuum-Trenntoiletten angeboten, deren spezifischer Wasserverbrauch nochmals niedriger liegt. Die Technik von Vakuumtoiletten ist bereits seit längerem bekannt und wird bislang vorwiegend in Schiffen, Flugzeugen und Eisenbahnen und in radiologischen Abteilungen von Krankenhäusern (zur Verringerung der anfallenden Abwassermengen) genutzt. Vakuumtoiletten zeichnen sich durch ihren geringen Wasserbedarf von ca. 1,2 l pro Spülvorgang aus. Zusätzlich werden bei jeder Spülung ca. 60 - 70 Liter Luft in das Rohrleitungssystem eingesaugt. Diese Luft drückt den Flüssigkeitspfropfen durch die Rohrleitung. Der Einsatz von Biogasanlagen zur direkten Behandlung menschlicher Fäkalien ist insbesondere in Entwicklungsländern, in denen nur in sehr geringem Umfang eine Schwemmkanalisation vorhanden ist, weit verbreitet (z.B. in Indien und China) [2]. Aufgrund der äußeren Randbedingungen kann in wärmeren Regionen eine sehr einfache und kostengünstige Technik eingesetzt werden, bei der i.d.R. auf eine Zusatzheizung verzichtet wird. In den gemäßigten Zonen scheiterte der breite Einsatz der Anaerobtechnik zur direkten Behandlung von Fäkalien bislang an der aufwendigeren Technik, die für die Reaktorbeheizung notwendig ist, und insbesondere an der starken Verdünnung der Fäkalien, die jedoch für die Funktion der Schwemmkanalisation erforderlich ist. Anaerobe Verfahren zur Behandlung von Klärschlamm, bei der industriellen Abwasserbehandlung oder im Bereich der Bioabfallbehandlung sind dagegen in Deutschland weit verbreitet [3, 4 , 5, 6, 7]. Zielsetzung des SanitärkonzeptesDie o.g. Nachteile der konventionellen Sanitärkonzepte sollen durch das vorgeschlagene Konzept vermieden werden. Die langfristigen Ziele bei einer breiten Umsetzung des vorgeschlagenen ökologischen Sanitärkonzepts sind:
Für ökologische Sanitärsysteme spielt der Energieverbrauch eine große Rolle. In Tabelle 1 ist ein grober Vergleich (Abschätzung) zum traditionellen Ansatz dargestellt. Dabei wurde der Energieaufwand für die Erstellung der Infrastruktur (graue Energie) nicht berücksichtigt. Auch der Energiebedarf für die beim traditionellen System erforderliche Handelsdüngerproduktion mit energieaufwendigen Verfahren zur Stickstoffgewinnung aus der Luft, Phosphatabbau in anderen Kontinenten und der bergbaulichen Kaliförderung ist nicht enthalten. Tabelle 2: Abschätzung des Energieverbrauches des neuartigen Sanitärkonzeptes im Vergleich zum traditionellen System.
Neben der günstigeren Energie- und Nährstoffbilanz (Phosphor und Stickstoff) fällt auch die Kohlenstoff (CO2)-Bilanz für das hier vorgeschlagene Konzept voraussichtlich deutlich günstiger aus. Im Gegensatz zum traditionellen Konzept werden trotz der Annahme, daß sämtlicher Klärschlamm in der Landwirtschaft ausgebracht würde (dies ist in Deutschland jedoch nur für ca. 30 % der Fall) beim Trenntoiletten/Biogas-Konzept ca. 20-40 % weniger Kohlendioxid emittiert und bis zu 30 % mehr an Kohlenstoff im Boden gespeichert (s. Abb. 3). Das vorgestellte Konzept basiert auf einer Zusammenarbeit mit Landwirten aus der Region, die den erzeugten Flüssigdünger langfristig verwenden. Im Rahmen des Projektes sind hierfür die organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen zu klären und die Abnahme der anfallenden Mengen sicherzustellen. Im Gegenzug können die Produkte des entsprechenden Betriebes im Siedlungsgebiet angeboten werden. Da im Sinne der Dauerhaftigkeit ökologisch wirtschaftende Betriebe auf natürliche Kreisläufe setzen, ist das Schließen des Nahrungskreislaufes eine konsequente Fortführung der Grundideen. Abb. 3: Kohlenstoffbilanz für das konventionelle Entwässerungskonzept (aerobe Abwasserbehandlung) gegenüber dem vorgeschlagenen ökologischen Sanitärkonzept (Trenntoilette/Biogas) (Annahme: 100 % ige Verwertung der Klärschlämme in der Landwirtschaft beim konventionellen Konzept; Bezugsgröße: Kohlenstoffgehalte von Abwasser und Bioabfällen für ca. 300 000 Einwohner/Jahr) Bezogen auf die Bewohner/Nutzer des Gebäudes lassen sich die zu erwartenden Vorteile bei Umsetzung des ökologischen Sanitärkonzeptes wie folgt quantifizieren:
Literatur
Kurzbeschreibung:
Im Rahmen des beantragten Vorhabens soll ein neuartiges ökologisches Sanitärkonzept für ein Wohn- und Bürogebäude realisiert und seine Funktionsfähigkeit demonstriert werden. Kern dieses Konzeptes ist es, Fäkalien und Urin von dem sonstigen Abwasser getrennt zu halten und mit möglichst geringen Wassermengen in eine Biogasanlage abzuleiten. Um den Wasserverbrauch der Toiletten möglichst weitgehend zu reduzieren, werden Trenntoiletten bzw. Vakuum-Trenntoiletten eingesetzt. In der Biogasanlage wird dieser Abwasserteilstrom gemeinsam mit Biomüll anaerob behandelt. Der verbleibende Restschlamm kann als Flüssigdünger in der Landwirtschaft verwertet werden, das anfallende Biogas wird energetisch genutzt. Das verbleibende Grauwasser aus den Bereichen Waschen und Körperpflege enthält nur noch geringe Mengen an Nährstoffen und kann deshalb mit nur geringem Aufwand gereinigt werden. Nächste Seite: DBU-Antrag Energiekonzept
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